Die Verleihung des Gertrud-Eysoldt-Ringes

Seit 1986 vergibt die Stadt Bensheim zusammen mit der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste den Gertrud-Eysoldt-Ring, ein Vermächtnis des 1981 in Bensheim verstorbenen Theaterkritikers Wilhelm Ringelband, der den Namen der von ihm verehrten Max-Reinhardt-Schauspielerin (1870-1955) mit einer Auszeichnung verbunden sehen wollte. Der Preis, der mit 10.000 EUR dotiert ist, wird von einer jährlich wechselnden Jury für eine herausragende schauspielerische Leistung im Theater vergeben.

Der Gertrud-Eysoldt-Ring wird alljährlich bei einem Festakt verliehen an den sich eine glamouröse Gala anschließt.

Gleichzeitig mit dem Gertrud-Eysoldt-Ring wird der Kurt Hübner Regiepreis verliehen.
Der Förderpreis für junge Regisseure wird seit 1991 von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste vergeben und ist mit 5.000 Euro dotiert.

Aktuelle Preisträger

Gertrud-Eysoldt-Ring geht an Jörg Pohl

Fotonachweis: Lucia Hunziker

 

In diesem Jahr wird Jörg Pohl mit dem Gertrud-Eysoldt-Ring ausgezeichnet: Der Schauspieler am Theater Basel und Mitglied des dortigen vierköpfigen Leitungsteams der Sparte Schauspiel erhält den renommierten Theaterpreis für seine Doppelrolle in „Molière – der eingebildete Tote“ von Nona Fernández, ein Werk nach Molière in der Inszenierung von Antú Romero Nunes.

Die Jury, bestehend aus Karin Henkel, André Jung und Jossi Wieler (Vorsitz), würdigt mit dem diesjährigen Gertrud-Eysoldt-Ring einen Schauspieler, der „wie seinerzeit Molière, nicht nur Schauspieler ist, sondern auch das Theater mitleitet“: Jörg Pohl verkörpert die Rolle von Molière selber, der wiederum die Figur Argan in dessen eigenem Stück „Der eingebildete Kranke“ spielt.

In der Jury-Begründung heißt es: „Jörg Pohl spielt dieses unbedingte Spiel im Spiel mit einer Theaterbesessenheit, die alle Grenzen sprengt, die ästhetischen, wie auch die moralischen; er verausgabt sich lustvoll und mit vollem Körpereinsatz bis zur Erschöpfung, furios, grell und schamlos, umgeben von einem mindestens so spiellustigen Ensemble, das, angesteckt und beschenkt von diesem dionysischen Theatermacher, ebensolche überbordende Energien versprüht.“

Weiter heben die JurorInnen hervor: „Bei allem barocken Wirbel, bei aller scheinbaren Übertretung bürgerlichen Geschmacks, erzählt diese klamaukig kluge Interpretation auch nicht wenig über Fragilität und Vergänglichkeit des Theaters und wird so auch zu einer berührenden Selbstreflexion über den Beruf des Schauspielers. Jörg Pohl, der nicht nur hoch virtuos und gleichsam rotzfrech spielt, spiegelt in der Figur Molière auch seine Mitverantwortung als Theaterleiter, der ein Bewusstsein davon hat, dass seine Kunst nur im Verbund mit dem Ensemble strahlen kann. Dieses Ethos ist spürbar in allen Rollen, die Jörg Pohl am Theater spielt – mutig, leidenschaftlich und immer existenziell“.

 

Kurt-Hübner-Regiepreis geht an Wilke Weermann

Der Kurt-Hübner-Regiepreis geht in diesem Jahr an Wilke Weermann für „Unheim“, ein Stück, das er im Auftrag des Schauspiel Frankfurt schrieb und dort in der Saison 2022/23 inszenierte.

Der mit 5.000 Euro dotierte Kurt-Hübner-Regiepreis, der seit 1991 ebenfalls von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste in Bensheim verliehen wird, geht an den jungen Regisseur und Autor Wilke Weermann. Ausgezeichnet wird er für die Inszenierung seines Stücks „Unheim“, das er als Auftragswerk für das Schauspiel Frankfurt geschrieben hat. „Unheim“ erzählt „witzig und klug eine virtuelle Spukgeschichte in fiktionaler, aber naher Zukunft“. Jurorin Rita Thiele, ehemals Chefdramaturgin und stellvertretende Intendantin am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, wählte den Preisträger aus und schreibt: „Wilke Weermann gelingt mit seiner urkomischen Dystopie ein durchaus gegenwärtiges Stück über Gefahren der Digitalisierung. Seine Inszenierung zeigt darüber hinaus, wie überaus virtuos er mit den Mitteln des analogen Mediums Theater umzugehen weiß. Wobei diese niemals das großartige Spielerensemble in den Hintergrund drängen, mit dem Wilke Weermann offensichtlich mit viel Spiellust am Detail gearbeitet hat.“

Preisverleihung des Gertrud-Eysoldt-Ring und des Kurt-Hübner-Regiepreises 2023

Jörg Pohl in Bensheim mit dem Gertrud-Eysoldt-Ring ausgezeichnet

Bensheim. Eine besondere Würdigung für eine preiswürdige Doppelrolle: Jörg Pohl hat am heutigen Samstagabend im Bensheimer Parktheater den Gertrud-Eysoldt-Ring verliehen bekommen. Die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung gilt als einer der bedeutendsten Theaterpreise im deutschsprachigen Raum und wird seit 1986 von der Stadt Bensheim und der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste vergeben.
Jörg Pohl überzeugte die Jury mit seinem Auftritt am Theater Basel in „Molière – der eingebildete Tote“ von Nona Fernández, ein Werk nach Molière in der Inszenierung von Antú Romero Nunes. Der Schauspieler verkörpert darin die Rolle von Molière, der wiederum die Figur Argan in dessen eigenem Stück „Der eingebildete Kranke“ spielt. In seinen Dankesworten befasste sich Pohl unter anderem mit dem Stellenwert und der Autonomie von Kunst in „finsteren Zeiten“: „Die Kunst, die ich meine und die ich betrieben sehen will, ist eine der letzten Bastionen der Freiheit, und zwar keine gut befestigte, sondern eine äußerst fragile.“ Die Laudatio auf den Preisträger hielten zuvor die Mitglieder der Basler Compagnie, Gala Othero Winter und Sven Schelker.

Der mit 5.000 Euro dotierte Kurt-Hübner-Regiepreis, der seit 1991 ebenfalls von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste verliehen wird, ging am Samstag an den jungen Regisseur und Autor Wilke Weermann. Ausgezeichnet wurde er für die Inszenierung seines Stücks „Unheim“, das er als Auftragswerk für das Schauspiel Frankfurt geschrieben hat. Jurorin Rita Thiele, ehemals Chefdramaturgin und stellvertretende Intendantin am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, hatte den Preisträger ausgewählt und hielt im vollbesetzten Parktheater die Laudatio auf Weermann.
Die Bensheimer Bürgermeisterin Christine Klein ging an diesem besonderen Abend in ihrer Rede unter anderem der Frage nach, welchen Wert Kunst und Kultur für die Gesellschaft und das demokratische Staatswesen haben: „Gerade in schwierigen und wechselvollen Zeiten sind Kunst und Kultur für unsere Gesellschaft von unschätzbarem Wert: Kunst und Kultur bauen Brücken, überwinden Grenzen, liefern Inspiration und Toleranz.“ Ein lebendiges Kulturleben sei eine „wirksame Arznei gegen Engstirnigkeit und Intoleranz sowie Rechtsextremismus und Antisemitismus“.

Für die Akademie sprach Präsident Professor Hans-Jürgen Drescher einleitende Worte. „Die Verleihung des Rings, der Gertrud Eysoldts Namen trägt, würdigt Schauspielerinnen und Schauspieler, steht aber auch symbolisch für den Geist eines freien Gemeinwesens, für die Freiheit von Kunst und Kultur.“
Moderiert wurde die diesjährige Verleihung von Schauspielerin und Sängerin Genija Rykova, die mit ihrer Band den Abend „zum Klingen und Leuchten brachte“, so Akademie-Präsident Drescher.

Mit der Vergabe des Getrud-Eysoldt-Rings würdigen die Stadt Bensheim und die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste eine schauspielerische Leistung an einer deutschsprachigen Bühne. Erste Preisträgerin war Doris Schade, ihr folgten große Schauspielerinnen und Schauspieler wie Klaus Maria Brandauer, Cornelia Froboess, Corinna Harfouch, Nina Hoss, Ulrich Mühe, Ulrich Matthes, Tobias Moretti, Charly Hübner, Lina Beckmann und Sandra Hüller.
Der Gertrud-Eysoldt-Ring geht auf ein Vermächtnis des Journalisten und Theaterkritikers Wilhelm Ringelband zurück, der bis zu seinem Tod in Bensheim lebte und in seinem Testament einen Schauspielerpreis mit dem Namen von Gertrud Eysoldt verfügte.

Fotos: Gregor Ott/GVO Media

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